Für viele Reisende ist Tibet mit seiner atemberaubenden Kulisse im Himalaya Gebirge, seiner ganz besonderen Spiritualität und den gastfreundlichen Menschen ein Sehnsuchtsort. Wir verbrachten vier beeindruckende Tage in Lhasa, von denen wir gern berichten möchten.
Motivation
Zum Einen wollten wir natürlich die tibetische Kultur und seine Bewohner kennenlernen. Außerdem reizte uns die Anreise mit der Lhasa Bahn.
Zum Anderen war es für uns eine gute Möglichkeit dem chinesischen Neujahr zu entkommen. Das Neujahrsfest ist nämlich das wichtigste Familienfest in China. Während dieser Zeit setzt eine riesige Migrationswelle ein, wenn alle Chinesen zu ihren Familien reisen. Außerdem haben dann fast alle Geschäfte geschlossen und der innerstädtische Verkehr liegt lahm. Mit vielen Böllern und Raketen wurde das Jahr des Hahnes eingeleitet. Dabei kann man überall Feuerwerkskörper in allen Ausführungen kaufen – da bekommt der Begriff Chinaböller eine ganz neue Dimension. Mit unseren amerikanischen Couchsurfern haben wir uns der Tradition gebeugt und auch ein paar Böller und Raketen von deren Balkon in Xining abgefeuert.
Tibet Entry Permit
Um nach Tibet zu kommen, muss man einige Hürden überwinden. Ausländern ist es nämlich untersagt sich frei in diesem Gebiet zu bewegen. Für die Einreise benötigt man ein sogenanntes Tibet Entry Permit, welches man nur mit einer organisierten Reise erhält. Wie wir unser Visum für Tibet bekommen haben erfahrt ihr hier. Während der Wintermonate scheint es viel leichter zu sein ein Tibet Entry Permit zu ergattern und wir sahen kaum ausländische Touristen in Lhasa.
Anreise mit der Lhasa Bahn
Die Lhasa-Bahn oder auch Tibet-Bahn genannt ist die höchstgelegene Bahnstrecke der Welt. Wir bestiegen den Zug in Xining und erreichten nach ca. 20 Stunden Lhasa. Dabei überwindet der Zug Gebirgspässe, die über 5000m hoch sind. In den Abteilen gibt es sogar Sauerstoffdüsen um der Höhenkrankheit vorzubeugen. Wir hatten Glück und mussten uns das Viererabteil mit lediglich noch einem Chinesen teilen. Dieser sprach zwar kaum Englisch, schien sich aber Sorgen um unsere Gesundheit zu machen. Mehrmals teilte er mir mittels seiner ÜbersetzungsApp mit, dass ich aufpassen soll mir keine Erkältung zu holen – “Don’t catch a cold”. Außerdem wunderte er sich, warum wir keine Medikamente gegen die Höhenkrankheit vorsorglich einnehmen. Die Fahrt war angenehm, aber leider legt man den Großteil der Strecke nachts zurück, sodass wir nur wenig von der beeindruckenden Bergkulisse sahen.
Exkurs in die Geschichte Tibets
Tibet war seit 1913 faktisch ein unabhängiger Staat mit eigener Regierung, Armee, Flagge, etc. 1950/51 kam es zur Invasion durch die chinesische Volksbefreiungsarmee und seither ist Tibet eine autonome Provinz in China. Die Tibeter leben unter der repressiven Herrschaft Pekings und oft kommt es zu Unruhen in diesem Gebiet. Den traurigen Höhepunkt stellten die Selbstverbrennungen tibetischer Mönche dar um auf ihre hoffnungslose Situation aufmerksam zu machen. Die chinesische Regierung sieht das natürlich anders. Tibet habe schon immer zu China gehört und die Invasion wird als “Befreiung der Leibeigenschaft” bezeichnet. Außerdem habe China erst den wirtschaftlichen Wohlstand ins Land gebracht.
Chinesische Flagge auf dem Jokhang Tempel in Tibet
Der Dalai Lama ist das geistliche Oberhaupt der Tibeter. Der aktuelle Dalai Lama ist bereits die 14. Reinkarnation. Seit 1959 lebt er im indischen Exil und er wird nicht müde, sich um eine friedliche Lösung im Tibetkonflikt zu bemühen. Dafür wurde ihm 1989 auch der Friedensnobelpreis verliehen. Leider scheint eine Einigung immer noch in weiter Ferne zu liegen. Mittlerweile hat sich der Dalai Lama bereits gegen eine Unabhängigkeit Tibets ausgesprochen und fordert aber eine größere Autonomie. Er sagte dazu mal.
Falls du glaubst, dass du zu klein bist, um etwas zu bewirken, dann versuche mal zu schlafen, wenn eine Mücke im Raum ist.
Nach dieser Divise handelt er auch gegenüber China. Sein Volk mag zwar klein sein, kann aber trotzdem stark sein, um sich gegen die chinesische Bevormundung zur Wehr zu setzen. Die Bücher und sogar Bilder des Dalai Lama sind in China verboten. An der Grenze ist es sogar Routine, dass die Kapitel im LonelyPlanet über Tibet einfach heraus gerissen werden.
Potala-Palast
Potala-Palast in Lhasa
Untrennbar mit der Person des Dalai Lama ist auch der Potala-Palast in Lhasa verbunden. Dieser thront auf dem 130 m hohen Berg Marpori und war einst das Zentrum der weltlichen und geistlichen Macht Tibets. Bis 1959 residierte hier auch der Dalai Lama.
Der Palast hat heute ganze 13 Stockwerke mit über 1000 Zimmern. Diese dienen zum Einen als Privatgemächer, zum Anderen als Gebets- und Meditationsräume. Außerdem befinden sich in den unteren Räumen die Grabstätten der vorherigen Dalai Lamas.
Panorama mit Blick vom Potala-Palast
Der Öffentlichkeit ist nur der weiße Teil des Palastes zugänglich, wohingegen der rote Teil den religiösen Abschnitt umfasst. Das Fotografieren war in den Innenräumen verboten. Um den Potala-Palast zu erklimmen, muss man 1000 Stufen überwinden. Da Lhasa sich bereits auf 3650m Höhe befindet, war dies wirklich anstrengend. Dafür genossen wir dann aber einen beeindruckenden Blick auf die ganze Stadt.
Jokhang Tempel
Wir auf dem Jokhang Tempel
Der Jokhang Tempel ist das Zentralheiligtum der Tibeter, zu dem man mindestens einmal im Leben pilgern sollte. Der Tempel wurde damals als Schrein für eine Buddhastatue errichtet, die die chinesische Prinzessin Wen Cheng als Hochzeitsgeschenk des chinesichen Kaisers mit nach Lhasa gebracht hatte. Der Tempel liegt inmitten der Altstadt von Lhasa. Von seinem Dach hat man eine gute Sicht auf den Vorplatz und die Pilgerstraße Barkhor. Dazu gibt es hier einen kleinen Film.
Pilgerreise
Pilgerreisen sind ein wichtiger Bestandteil der Glaubensstruktur tibetischer Buddhisten. Da sich in Lhasa viele heilige Stätten befinden ist dies ein beliebtes Ziel vieler Pilgerer und die kalten Wintermonate sind die klassische Zeit für eine Pilgerreise. Die Gebetswege werden immer im Uhrzeigersinn umrundet. Dabei drehen sie die Gebetsmühlen und die Perlen der Gebetsketten werden durch die Finger geschoben. An solchen Stätten befinden sich auch ganze Reihen von Gebetsmühlen, die ebenfalls im Uhrzeigersinn gedreht werden.
Ein anderes Ritual, welches wir oft gesehen haben, ist das Entzünden von Yakbutter und das Bringen von kleinen Opfergaben.
Eine besondere Form diesen Weg zurück zulegen, ist sich Niederzuwerfen. Dabei streckt ein Pilger zunächst seine Hände in der Namaste-Pose in die Luft, berührt dann Stirn, Hals und Herz und wirft sich schließlich auf den Boden. Dann steht er wieder auf und macht zwei Schritte nach vorn, bevor er von Neuem beginnt.
Pilgerer beim “Hinwerfen”
Die Beweggründe für eine Pilgerreise können ganz unterschiedlich sein – die Hoffnung auf Glück, eine bessere Wiedergeburt, Heilung, Zeichen der Verehrung, etc .
Die Yaks
Goldene Yakstatue in Lhasa
Genau wie im Pamirgebirge spielen auch die Yaks im Leben der Tibeter eine wichtige Rolle. In Lhasa gibt es gleich mehrere goldene Yakstatuen. Man verwendet von diesen Tieren nicht nur das Fleisch, sondern auch das Fell, die Milch und die daraus gewonnen Butter. In den Tempeln kann man dem Geruch nach Yakbutter kaum entgehen, diese wird zur Verehrung der Götter nämlich überall hingeschmiert bzw. angezündet.
Fazit
Tibet ist wirklich beeindruckend, auch wenn unser Geld nur für einen Abstecher nach Lhasa reichte. Dabei waren es vorallem die Tibeter selbst, die so viel Gastfreundschaft und Wärme ausstrahlten. Trotz ihrer verzweifelten Lage scheinen sie den Mut nicht zu verlieren.
Als in Deutschland 1989 die Mauer fiel, war der Dalai Lama ebenfalls in Berlin und sagte dazu:
So sicher wie diese Mauer verschwindet, so sicher wird auch Tibet eines Tages frei sein. Das fühle ich jetzt hier in Berlin.
Wir können nur hoffen, dass sich dieser Traum bald erfüllt.
Matthias mit seiner kleinen tibetischen Freundin
Wenn ihr eine Reise nach Tibet plant, empfehlen wir euch auf jeden Fall ein tibetisches Reiseunternehmen zu wählen und in tibetisch geführten Hotels zu übernachten bzw. in tibetischen Restaurants zu essen. Wir fanden es wirklich interessant zu sehen, wie zwischen den tibetischen und den chinesischen Reiseleitern ein Streit vor dem Potala-Palast entbrannte, wer die Wahrheit über die Geschichte Tibets erzählt.