Im Süden Chinas an den südöstlichen Ausläufern des Himalayas befindet sich die spektakuläre Tigersprungschlucht. Sie ist mit einer Höhe von 3900 Metern vom Fluss bis zum obersten Gipfel die tiefste Schlucht der Welt! Einer Legende nach soll ein Tiger, den durch die Schlucht fliessenden Jangtsekiang an der engsten Stelle über einen Felsblock überwunden haben. Reisende auf ihrem Weg zur Tigersprungschlucht verbringen vorher meist ein paar Tage im schönen Lijiang. Dieses Städtchen ist anders als die vielen Metropolen in China. Denn mit seinen historischen Häusern und verwinkelten Kopfsteinpflastergassen hat sie einen ganz eigenen Charme.
Lijiang
Über den Dächern von Lijiang
Die Stadt Lijiang im Nordwesten der Provinz Yunnan war die Hauptstadt des Naxi-Königreichs und kann auf eine fast achtausendjährige Geschichte zurückblicken. Aufgrund ihrer Lage entwickelte sie sich zu einem Handelszentrum zwischen Tibet und Yunnan. Die Häuser in traditioneller Bauweise überlebten sogar ein großes Erdbeben im Jahre 1996. Deshalb wurde sie ein Jahr danach auch zum UNESCO-Weltkultuerbe erklärt.
Die historische Altstadt
Die Altstadt von Lijiang ist ein Highlight für sich, sieht man einmal von den tausenden Souvenirgeschäften ab. Auch unsere Unterkunft, die wir nach langer Suche am Rande des Stadtkerns fanden, präsentierte sich im historischen Stil. Für lediglich 100 CNY (ca. 13 EUR) im Doppelzimmer konnten wir hier auch mit kleinem Budget luxuriös Wohnen. Die Stadt erzeugt vorallem am Abend, wenn die Beleuchtung eingeschaltet wird, eine ganz besondere Stimmung. Wir fühlten uns wie auf dem Weihnachtsmarkt – schön um die Stimmung zu genießen, aber wirklich kaufen wollten wir nichts.
Für den kleinen Hunger gibt es einige Märkte, auf denen das Essen vor dem Kunden frisch zubereitet oder einfach aufgewärmt wird. Das hat den Vorteil, dass man sieht was man bestellt.
Bei einem Streifzug durch die Stadt lohnt sich auch ein Abstecher zum Black Dragon Pool. Dieser im Jahre 1737 errichtete See ist ziemlich schön anzusehen und bietet bei klarem Wetter eine gute Sicht auf den Jade Dragon Snow Berg (5,596 m).
Panorama des Black Dragon Pool in Lijiang
Die Sache mit dem Stadt-Ticket
Um die Altstadt von Lijiang zu besichtigen, benötigt man leider ein Stadt-Ticket. Wir verstehen ja, dass all diese Gebäude auch gepflegt werden müssen. Das ärgerliche daran ist, dass man Geld bezahlt um in überteuerten Restaurants Essen zu gehen oder in Souvenirläden noch mehr Geld los zu werden. Wir haben es irgendwie geschafft, dieser Gebühr zu entkommen. Etwas Selbstbewusstsein und Hartnäckigkeit zahlt sich hier aus, denn ein Ticket kostet gleich mal wieder 80 CNY (ca. 11 EUR) pro Person. So sind wir meist mit den Massen durch die Kontrollen gelaufen. Lediglich einmal wurden wir angesprochen, lehnten den Ticketerwerb ab und gingen eine andere Richtung weiter.
Die Tigersprungschlucht
Blick über die Tigersprungschlucht
Unser nächstes Vorhaben war eine zweitägige Wanderung durch die 16 km lange Tigersprungschlucht. Diese befindet sich ca. 80 km nördlich von Lijiang und kann per Bus erreicht werden.
Anreise
Wir standen also zeitig auf und liefen zum Busbahnhof, denn laut unseren Informationen sollte der erste Bus um 7 Uhr abfahren. Dort angekommen, teilte man uns mit, das es erst einen Bus um 8:30 Uhr gäbe. So mussten wir knapp 2h warten und der Geräuschkulisse der allmorgendlichen Nasenrachenpflege der hiesigen Bevölkerung lauschen. Zumindest ging es pünktlich los und nach ca. 3h Fahrt erreichten wir Qiaotou. Die Rucksäcke konnten wir für wenig Geld im “Tibetian Guesthouse” einlagern.
Dieser Morgen meinte es einfach nicht gut mit uns und wir mussten das Buchen der Rückfahrtickets auf den nächsten Tag verschieben. Denn trotz freundlichen Nachfragens bei unterschiedlichen Leuten inklusive Einsatz einer Übersetzungs-App und viel Pantomime wurden wir mit Ignoranz, Unfreundlichkeit und kicherndem Nichtwissen gestraft. So entschieden wir uns erstmal los zu Wandern. Mittlerweile war es nämlich schon nach 12 Uhr und vor uns lag noch ein langer Marschtag.
Die Wanderung
Routen in der Tigersprungschlucht
Nachdem wir die schweren Rucksäcke los waren, konnten wir uns auf das eigentliche Ziel konzentrieren – die Wanderung durch die beeindruckende Tigersprungschlucht. Es existieren dafür zwei Routen:
- Zum Einen gibt es da die chinesische Variante, welche per Reisebus zurückgelegt wird. Grundsätzlich finden wir es gut, dass die Schlucht auch von Menschen besucht werden kann, die nicht mehr so fit auf den Beinen sind. Leider ist dieses Pauschalangebot der Standard für die Einheimischen. Die Chinesen planen sogar gerade den Bau einer Eisenbahnstrecke durch die Schlucht und greifen damit noch mehr in die Natur ein.
- Die zweite Möglichkeit ist die eigentliche Wanderung (siehe roten Pfad auf obigem Bild) und führt am westlichen Schluchtenhang entlang. Ist der versteckte Einstieg gefunden, folgt man besagtem Pfad. Hier bieten sich ab und an spektakuläre Ausblicke auf das gegenüberliegende Bergmassiv und in die Schlucht selbst.
Wir entschieden uns für die anstrengende Wanderung und nach den Erlebnissen am Morgen waren wir froh, hier keinen Chinesen zu treffen. Die saßen ja alle im Bus. Die ersten Meter läuft man auf einer staubigen Straße, welche man sich mit großen Schutt-LKWs und Reisebussen teilt. Ein Tuch zum Schutz der Atemwege und evtl. eine Taucherbrille für die Augen wären hier nicht verkehrt gewesen.
Dank GPS standen wir nach einer Weile vor einem Pfad der steil bergauf führte. Die endlosen Serpentinen auf dem Hang, der nur ab und an Schatten bot, kosteten uns viel Kraft und ganze 2,5 h Zeit. Viel Wasser und Sonnenschutz sind hier unverzichtbar! Auf der Strecke gibt es die Möglichkeit, den Weg auf dem Rücken eines Pferdes zurückzulegen. Aber bei dem Gelände mit Abhang auf der rechten Seite, spüre ich lieber den Boden unter meinen Füßen.
Der Lohn für die Mühen waren grandiose Ausblicke zwischen schattenspendenden Bäumen und ab und an eine kühle Brise. Hat man einmal die Steigung überwunden, schlängelt sich der Pfad ohne größere Höhenunterschiede am Berg entlang. So kommt man auf dem zentralen Stück schnell voran. Wir erreichten unser Ziel, das Halfway Guesthouse, gegen 18:45 Uhr.
Am Folgetag sind wir weiter bis nach Wallnussgarten gelaufen. Der Sonnenaufgang ließ einige Zeit auf sich warten. Dafür war es umso beeindruckender, wie die ersten Strahlen unsere Seite des Hanges erreichten.
Auf diesem Teil des Weges kann man zu Aussichtspunkten absteigen, welche einen Blick auf den Jangtsekiang bieten. Die Pfade dorthin wurden von den Einheimischen angelegt, was sie sich auch gern bezahlen lassen. Da wir keine Freunde dieser Wegelagerei sind, lehnten wir ab und fanden später noch einen Weg ohne Gebühr. Wahrscheinlich saß zu der Zeit dort einfach Niemand.
Schließlich fuhren wir mit einem Bus wieder zurück nach Lijiang und verbrachten dort noch eine Nacht. Weiter ging die Reise am nächsten Tag nach Kunming. Da immer noch die Auswirkungen des chinesischen Neujahres spürbar waren, hatten wir Glück, dass wir noch ein paar Plätze im Zug bekamen.
Fazit
Trotz unserer Startschwierigkeiten entpuppte sich die Tigersprungschlucht, als wirklich schöne Wanderstrecke. Und nach dem vielen Smog und Verkehr in den chinesischen Großstädten war es eine wahre Wohltat sich in der freien Natur zu bewegen. Auch Lijiang ist ein nettes kleines Städchen in dem man es ein paar Tage aushält.
Ich bin begnadeter Wanderer, der nach neuen Herausforderungen und ungewöhnlichen Wanderrouten sucht, darum bedanke ich mich für euren Beitrag. Der ist toll! Die Tigersprungschlucht in China kannte ich noch nicht und freue mich, sie auf meine Liste zu setzen 🙂 Freue mich auf weitere Tipps und schicke euch beste Grüße aus Brixen Südtirol.