Turkmenistan in fünf Tagen

Turkmenistan Nov 27, 2016 3 Comments
Ashgabat - the city of marble

Oh, Turkmenistan! Als wir tatsächlich unser Transitvisum für Turkmenistan in den Händen hielten, machten wir mehrere Freudensprünge. Denn wenn ein Land den Namen Absurdistan verdient hat, dann ist es Turkmenistan. Den nervenaufreibenden Grenzübergang und die Visabeantragung beschreiben wir auf den Seiten Visum (transit) für Turkmenistan und Grenzübergang Sarakhs (Iran) – Saraghs (Turkmenistan)

 

Hier mal fünf Fakten über Turkmenistan:

Gurbanguly Berdimuhamedow
Gurbanguly Berdimuhamedow

 

  1. Turkmenistan besteht zu über 85% aus Wüste (Karakum Wüste) und ist so groß wie Deutschland, Österreich und Dänemark zusammen.
  2. Das Land verfügt über die viertgrößten Gasreserven der Welt.
  3. Staatsoberhaupt und Regierungschef ist Gurbanguly Berdimuhamedow. Dieser war der Zahnarzt seines Vorgängers und Staatsgründers Turkmenbashi (Nyýazow).
  4. Amtssprache ist seit 1996 Turkmenisch – eine Turkmensprache die dem Türkischen sehr ähnlich ist.
  5. Die Alphabetisierungsrate liegt angeblich bei 98%.

 

Und warum spricht man auch von Absurdistan?

  1. Gas und Elektrizität gibt es für die Bürger Turkmenistans quasi kostenlos. Daher entscheiden sich viele Haushalte den Gasherd und das Licht den ganzen Tag brennen zu lassen, um die Kosten der Streichhölzer einzusparen.
  2. In Turkmenistan kostet eine Packung Zigaretten auf dem Schwarzmarkt fast 20 EUR. Das Land hat den niedrigsten Raucheranteil weltweit. Als der damalige Präsident Nyýazow sich 2000 einer schweren Herzoperation unterziehen musste, nahm der ehemalige Kettenraucher dies zum Anlass mit dem Rauchen aufzuhören und Verbot im ganzen Land den legalen Erwerb von Zigaretten.
  3. Alles muss weiß sein! Weiß ist nämlich die Lieblingsfarbe des amtierenden Präsidenten Berdimuhamedow. Deshalb hat er sich in Ashgabat eine Stadt aus weißem Marmor errichtet und es dürfen dort nur noch helle Fahrzeuge fahren. An der Grenze wurden bereits dunkelfarbige Fahrzeuge abgewiesen.
  4. In Turkmenistan wird ein bizarrer Pferdekult praktiziert. So gibt es sogar einen Nationalfeiertag “Der Tag der Rennpferde”.
  5. Bei dem Thema Pressefreiheit bildet das Land mit Nordkorea und Eritrea ein Schlusslicht auf der Liste von “Reporter ohne Grenzen”.

Das soll jetzt natürlich kein umfassendes Bild des Landes darstellen, dies wollen wir uns nach nur fünf Tagen nicht anmaßen, sondern nur einen Einblick geben.

 

Tag 1: Ankunft in Mary

Am späten Nachmittag kamen wir in der Stadt Mary, welche im Südosten des Landes liegt an. Mary ist ein Zentrum der turkmenischen Erdgas- und Baumwoll-Produktion und aufgrund der Nähe zum Iran und zu Afgahnistan ein wichtiger Militärstützpunkt.

Hier standen wir vor unserem ersten Problem. In Turkmenistan darf man als Ausländer nur in Hotels übernachten, die eine Berechtigung haben Ausländer aufzunehmen. Dies bedeutete, dass wir auf ein größeres Sternehotel zurückgreifen mussten. Obwohl dieses Hotel quasi leer stand, war es aussichtslos einen Rabatt zu bekommen und bezahlen muss man als Ausländer immer in US- Dollar.

Trotz eisiger Temperaturen, machten wir noch einen kleinen Stadtspaziergang. Was uns als erstes auffiel, waren die wirklich hübsch gekleideten turkmenischen Frauen mit langen Kleidern und bunten Tüchern auf dem Kopf. Wir bummelten noch etwas durch die Stadt, vorbei an der beeindruckenden Gurbanguly Hajji Moschee und dem Regional Museum, welches leider gerade im Begriff war zu schließen, bevor wir erschöpft schlafen gingen.

 

Tag 2: Ashgabat – The City of Marble

Auf ging es nach Ashgabat, der Hauptstadt Turkmenistans und einer der skurillsten Städte, in der wir je waren.

Am Morgen nahmen wir wieder ein Sammeltaxi von Mary nach Ashgabat. Als wir ankamen, hatten wir das Glück von unserem Couchsurfer abgeholt zu werden. Im Vorfeld versuchten wir nämlich verzweifelt einen Gastgeber in Turkmenistan zu finden. Leider ist es den Turkmenen verboten, Ausländer bei sich zu beherbergen. Begensh, unser Gastgeber war wirklich total nett und wir waren seine erste Couchsurfingerfahrung. Selbsverständlich arbeitete er in der Gasindustrie und erzählte uns viel über sein Land, fuhr mit uns durch die Stadt und abends waren wir noch bei seiner Familie zum Abendessen eingeladen. Er berichtete uns, dass er zwei leer stehende Appartments in Ashgabat besitze, aber er dürfe dort noch nicht mal Freunde übernachten lassen. Und da die Polizeipräsens in der Hauptstadt extrem hoch ist und wir als Ausländer sofort auffielen, wollten wir das Risiko nicht eingehen und übernachteten in einem Hotel.

Pferdedenkmal
Pferdedenkmal

Ashgabat ist unglaublich surreal, wie eine Geisterstadt mitten in der Wüste. Der Präsident hat sich dort eine Stadt aus weißem Marmor und Gold errichtet. Alles funkelt und glänzt, die Wege sind blitzblank, riesige Prachtbauten, Springbrunnen und Denkmäler prägen das Stadtbild. Aber, wo sind die Menschen? Man fühlt sich, wie in einer Stadt kurz nach einer Evakuierung. Man sieht eigentlich nur Polizisten oder Straßenarbeiter, die die Gärten und Parks pflegen. Da es quasi überall verboten ist Bilder zu machen, gibt es nur ein paar “illegale” Schnappschüsse von Ashgabat.

 

Tag 3: Wie uns Dynamo Dresden vor einer Deportation nach Deutschland bewahrte, oder so ähnlich.

Palast in Ashgabat
Palast in Ashgabat

Am Vormittag entschieden wir Ashgabat nochmal auf eigene Faust zu erkunden. Wir bummelten durch die leere Stadt und achteten tunlichst darauf keine verbotenen Bilder zu machen. Als wir jedoch eine große Straße überquerten, wo weit und breit kein Auto kam, wurden wir lautstark von mehreren Polizisten zurecht gewiesen. Wir waren uns zunächst keiner Schuld bewusst. Ein Polizist forderte gleich unsere Pässe ein, die wir ihm dummerweise gaben. Jetzt verstanden wir unser Vergehen – wir hätten die Unterführung nutzen müssen, anstatt die Straße einfach so zu überqueren. Da er nur Russisch sprach, stellten wir uns erstmal dumm. Woraufhin er einen Englisch sprechenden Freund anrief. Dieser erklärte uns am Telefon unsere Straftat und sagte wir sollen dem Polizisten eine “kleine” Gebühr von gerade Mal 100 USD zahlen, dann wäre alles okay. Wir protestierten lautstark und weigerten uns etwas zu bezahlen. Dies gefiel dem korrupten Polizisten überhaupt nicht. Jetzt wurde er wirklich unfreundlich und meinte zu uns “Go police station and than deportation Germania”. Dabei machte er noch ein Flugzeugzeichen mit der Hand. Mittlerweile wurde uns wirklich mulmig zumute. Werden wir jetzt wirklich nach Deutschland deportiert, weil wir eine Straße überquert haben? In unserer Not riefen wir unseren Gastgeber von Couchsurfing an. Dieser redete mit Engelszungen auf den Polizisten ein. Währenddessen kam noch ein weiterer Polizeiwagen angefahren. Dort stieg der vermeintliche Polizeichef  aus, mit dem ebenfalls unser Gastgeber telefonierte. Danach wandte der Chef sich uns zu. Er sprach gut Englisch und meinte “Ah, you are from Dresden. Dynamo Dresden is a good football team. It’s former Russia. So we are friends.” Er gab uns unsere Pässe zurück und wünschte uns eine gute Zeit in Turkmenistan. Noch etwas benommen, zogen wir schnell davon und bedankten uns bei unserem turkmenischen Freund. So ist eben Absurdistan, weil der Polizeichef Dynamo Dresden kannte, wurden wir nicht nach Deutschland deportiert.

 

The door to hell

Nach dem Schreck, sollte es weiter nach Dereweze gehen. Dieser Ort liegt mitten in der Karakum Wüste und hat ein ganz besonderes Naturschauspiel zu bieten. Wir nahmen uns ein Sammeltaxi von Ashgabat nach Konye-Urgench und stiegen auf halber Strecke an der Straße, an einer Caykana (Raststätte) aus.

Brennender Gaskrater
Brennender Gaskrater

Hier befindet sich nämlich das “Tor zur Hölle”, wie es von Einheimischen genannt wird – ein brennender Gaskrater. In diesem Gebiet führten 1971 sowjetische Geologen Probebohrungen durch, um Öl und Gas zu finden. Dabei stießen sie auf eine unterirdische Gas gefüllte Höhle. Der Boden darüber brach ein und ein 20m tiefer und  60m breiter Krater entstand, wobei ungehindert Methangas austrat. Die Wissenschaftler mussten schnell handeln. Um die Freisetzung des giftigen Methans zu verhindern, entschieden sie das Gas anzuzünden. Denn Kohlenstoffdioxid, welches bei der Verbrennung ensteht, ist nicht so schädlich für die Umwelt, wie ausströmendes Methan. Damals dachte man, dass der Spuck nach ein paar Tagen vorbei sei. Weit gefehlt, der Gaskrater brennt nun schon seit über 40 Jahren. Bisher hat man keinen richtigen Plan, was damit geschehen soll. Jedenfalls, ist es schon absurd, wenn man bedenkt, wieviel Gas hier schon verbrannt ist.

"The door to hell" in Dereweze
“The door to hell” in Dereweze

Um den Krater zu besuchen, muss man auch einige Hürden auf sich nehmen, denn es gibt überhaupt keine touristische Infrastruktur – Hotels sucht man vergeblich und der Weg bis zum Krater ist noch nicht mal ausgeschildert. Wir haben uns entschieden in einer Caykana an der Straße zu übernachten. Dabei handelt es sich um eine Art Raststätte oder Teehaus. Der Besitzer besaß ein Fahrzeug mit Allradantrieb und ist mit uns am Abend zu dem Krater gefahren. Die Nacht verbrachten wir dann auf dem Boden, in unsere Schlafsäcke gekuschelt in der Raststätte.

 

Tag 4: Ein langer Weg bis nach Dashoguz

Eigentlich wollten wir weiter nach Konye-Urgensch reisen. Unser Herbergsvater bot uns an, mit uns an der Straße zu warten um den Bus aus Ashgabat nach Konye-Urgensch anzuhalten. Über zwei Stunden warteten wir mit ihm am Straßenrand und versuchten vergeblich eine Mitfahrgelegenheit zu bekommen. Der Bus kam nicht und alle anderen vorbeifahrenden Autos waren schon voll. Schließlich rief er einen Taxifahrer aus Ashgabat an, der uns in Dereweze einsammelte. Jedoch mussten wir noch einige Stunden auf ihn warten und wärmten uns wieder in der Caykana auf. Für die vielen Raststättenbesucher waren wir hier echte Exoten und jeder wollte unsere Hochzeitsbilder sehen. Eine ältere Dame gab Matthias unmißverständlich zu verstehen, dass er ohne Bart viel besser aussah und dass der Bart beim Küssen kratzt. Ich konnte ihr da nur zustimmen 🙂 und wir hatten viel Freude.

Am späten Nachmittag kam dann unser Taxi und anstatt nach Konye-Urgench zu fahren, fuhr er nach Dashoguz. So hieß es für uns mal wieder Planänderung. Die Fahrt entlang der Wüste war wirklich beeindruckend und am Wegesrand sahen wir viele Kamele. Als wir in Dashoguz ankamen war es schon spät abends und wir wollten nur noch ins Bett.

 

Tag 5: Grenzübergang in Konye-Urgench

Für eine Stadtbesichtigung hatten wir leider keine Zeit. Fünf Tage vergehen einfach unheimlich schnell und so mussten wir weiter nach Usbekistan reisen. Den Grenzübergang beschreiben wir hier.
Wir verbrachten fünf wirklich spannende und aufregende Tage in Turkmenistan. Dies war das bisher skurillste Land, in dem wir je waren. Dank Couchsurfing haben wir eine wirklich sehr nette und hilfsbereite turkmenische Familie kennen gelernt und konnten etwas von ihrem Alltag mitbekommen. Danach waren wir jedenfalls voller Vorfreude auf die kommenden Stan-Länder.

Tabea

3 Comments

  1. Peter Elke

    Das ist wieder ein interessanter Bericht und es zeigt wieder mal, daß Straße überqueren gefährlich sein kann, auch wenn keine Autos fahren, bleibt behütet und bewahrt LG Elke und Jürgen

  2. Friederike

    Hi ihr zwei – ich hatte gerade über die Schlafmöglichkeit gelesen beim Krater – auf google maps sieht man die nicht. Daher meine Frage – wenn meine Freundin und ich von Konye Ugench kommen – ich gehe mal davon aus das man diese Teehäuser nicht missen kann und die auf der Hauptstraße liegen und wir dann einfach dort in der Nähe des krates aussteigen? Oder wie habt ihr das gemacht?

    • Matthias

      Hallo Friederike,

      wir haben es genauso gemacht, wie du schreibst. Wir sind von Ashgabat mit dem Sammeltaxi kommend einfach bei den Teehäusern auf Höhe des Kraters ausgestiegen. Zuvor haben wir unserem Fahrer gesagt, wo wir hin wollen. Dort haben wir dann ca 50$ für Abendessen, Übernachtung und Ausflug zum Krater bezahlt. Die Unterkunft ist wirklich sehr einfach. Wir haben auf dem Boden mit den Besitzern in der Teestube genaechtigt.

      Die Leute dort sind generell sehr nett! Vor allem bei der Weiterfahrt bestand das Problem, dass die meisten Taxis schon voll waren. Deshalb haben die Leute in Ashgabat ein Taxi angerufen, was für uns 2 Plätze freigelassen hat. Wir hatten schon damit gerechnet, noch eine Nacht länger zu bleiben.

      Hoffe die Infos helfen euch weiter.

      Viele Grüße
      Tabea & Matthias

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