Zentralasien ist ein Teil der Welt, der heute fast gänzlich in Vergessenheit geraten ist. Dieses Gebiet zwischen Russland, Arabien und China wurde einst von Dschingis Khan erobert. Aus dem Süden bekam es den muslimischen Glauben gelehrt und jahrhundertelang war es das Zentrum des Welthandels an der Seidenstraße. Und noch vor 30 Jahren waren diese Länder Teil der Sowjetunion.
Wir durften in knapp zwei Monaten Turkmenistan, Usbekistan, Tadjikistan, Kirgistan und Kasachstan kennen lernen und entdecken. Aufgrund der verschiedenen kulturellen Einflüsse sind diese Länder zwar unterschiedlich, haben aber auch viele Gemeinsamkeiten. Deshalb möchten wir in diesem Beitrag wieder eine Zusammenfassung über unsere Erfahrungen und Tipps zu einer Reise nach Zentralasien geben.
Highlights
- Das größte Abenteuer auf unserer bisherigen Reise und landschaftlich am beeindruckendsten war auf jeden Fall der Pamir und Wakhan-Korridor in Tadjikistan. Panorama Pamirgebirge im Winter, Tadjikistan
- In Usbekistan konnten wir prunkvolle Paläste, Medressen und Moscheen bestaunen und fühlten uns zurück versetzt in eine andere Zeit. Panorama Registanplatz in Samarkand, Usbekistan
- Turkmenistan war definitiv eines der absurdesten Länder, wo wir je waren. Und das “Tor zur Hölle” eines der skurillsten Naturschauspiele, die wir gesehen haben. Brennender Gaskrater in Dereweza, Turkmenistan
Essen und Trinken
Fleisch, Fleisch, Fleisch und nochmals Fleisch. Auf Vegetarier kommen harte Zeiten in Zentralasien zu. Eigentlich befindet sich in jedem Gericht Fleisch und in den Sprachen dieser Länder existiert noch nicht mal ein Wort für Vegetarier.
Ein Nationalgericht, was in jedem Land anzutreffen war, ist der Plov/Plow. Dabei handelt es sich um ein Reisgericht mit Fleisch, Zwiebeln und Möhren. Die meisten Reisenden entwickeln eine natürliche Abneigung gegen dieses Essen. Da wir den Plov nur in Familien serviert bekommen haben, hat er uns eigentlich sehr gut geschmeckt.
Plov
Eine besondere Feinheit, die man zur Zubereitung des Plov verwendet oder pur isst, ist ein Stück vom Fettschwanzschaf. Diese Delikatesse ist den Männern vorbehalten aber Matthias war froh um einen Versuch herum gekommen zu sein.
Beeinflusst von der russischen Küche werden auch in Zentralasien viele Suppen bzw. Eintöpfe gegessen, die gerade im Winter wirklich lecker waren.
In Kasachstan und Kirgistan essen die Menschen auch Pferdefleisch. Dieses findet sich im Nationalgericht Beschbarmak (Pferdefleisch mit Nudeln, Brühe und Zwiebeln) wieder. Natürlich gibt es auch Pferdewurst zu erwerben.
Pferdefleisch
Andere typische Speisen sind Manty (meist mit Fleisch gefüllte Teigtaschen), Lagman (dicke Nudeln mit Fleisch) oder auch Shashlyk (Fleischspieße). Matthias hat es mal geschafft auf der nur in Russisch gehaltenen Speisekarte sich unter all den Shashlyk-Gerichten ausgerechnet die vegetarische Variante zu bestellen.
Zu jeder Mahlzeit wird eigentlich immer Nan (Brot) gereicht, auch wenn man denkt, dass man mit einem Reis- oder Nudelgericht schon genug Kohlenhydrate zu sich genommen hat. Ein Tadjike erklärte uns mal, dass sie zu allem Brot essen und manchmal auch Brot mit Brot.
Unser absolutes Lieblingsgericht war das Nationalessen in Tadjikistan, welches sich Kurotob nennt. Dabei handelt es sich um eine Art warmen Brotsalat mit vielen Kräutern, Chili, Zwiebeln und Quark. Kurotob ist wirklich richtig lecker und sogar vegetarisch.
Kurotob
Als Vegetarier kann man nur bitten das Fleisch in den Suppen oder beim Plov wegzulassen. Allerdings muss man dann mit der Fleischbrühe leben können. Ein leckeres russisches Gericht, was ich häufig in Kasachstan bestellt habe waren Wareniki (mit Kartoffeln gefüllte Teigtaschen und dazu gibt es Schmand). Der Vinaigrette Salat (Rote Beete Salat mit Kartoffeln, Zwiebeln und Erbsen) war auch immer sehr schmackhaft.
Zum Essen wird normalerweise grüner oder schwarzer Tee gereicht. Aber auch die Biere konnte man überall gut Trinken.
Noch ein kleiner Tipp fürs Essen gehen. Wir haben am Liebsten in den Kantinen gegessen. Die sind nicht nur viel günstiger, sondern man sieht das Essen und kann sich direkt was heraussuchen. In Almaty waren wir täglich in der KAFAHAT Kantine, die es in der ganzen Stadt verteilt gab.
Übernachtung
Am teuersten aber bestimmt nicht am schönsten waren die Unterkünfte in Turkmenistan. Hier ist man verpflichtet in lizensierten Hotels zu übernachten. Dabei handelte es sich oft um riesige Protzbauten mit hunderten von Zimmern, wo wir meist die einzigsten Gäste waren.
In Usbekistan hingegen gab es ein gutes Netz an Übernachtungsmöglichkeiten. In diesem Land gibt es jedoch eine Besonderheit. Als Ausländer muss man sich mindestens alle 72 h (jeden dritten Tag) in einem Hotel registrieren. Diese Registrierungskarten sollte man sich gut aufheben. Unser Grenzbeamte wollte sie bei der Ausreise direkt sehen. Couchsurfing (CS) ist in Turkmenistan und Usbekistan verboten bzw. bewegt man sich damit in einer Grauzone. Ein usbekischer Gastgeber von CS, mit dem wir uns lediglich getroffen haben, erzählte uns von hohen Geldstrafen. Da man als Ausländer fast immer auffällt und die Polizeipräsens in den Ländern hoch ist, sollte man sich gut überlegen, ob man dieses Risiko eingeht. Dabei hat vorallem der einheimische Gastgeber Sanktionen zu befürchten.
Im Pamirgebirge in Tadjikistan übernachtet man in sogenannten Homestays. Hotels gibt es dort nämlich nicht. Diese überzeugen durch ihre Gastfreundschaft und nicht unbedingt mit Komfort. Man übernachtet bei einer Familie und schläft dabei meist auf dem Boden. Die Toilette ist fast immer draußen und oft handelt es sich um ein Hockklo. Warmes Wasser zum Duschen ist auch eine Rarität.
In Kirgistan und Kasachstan waren wir fast nur in großen Städten unterwegs. Dort gab es sehr gute Hostels für ein kleines Budget.
Transport und Straßen
Was uns in Zentralasien auffiel, waren die modernen und pompösen Hauptstädte. Sobald man aber etwas außerhalb unterwegs war, zeigte sich ein ganz anderes Bild. Die Straßen waren meist mit Schlaglöchern übersäht und als Transportmittel sah man nicht selten einfache Pferdekarren.
In Turkmenistan reist man am schnellsten mit sogenannten Sammeltaxis. Den Treffpunkt erfragt man am besten von den Einheimischen. Die Sammeltaxis sind nicht wirklich bequem, denn man sitzt immer zu dritt hinten.
In Usbekistan ist die Bahn eine gute Alternative um von A nach B zu kommen. Allerdings ist es ratsam, die Tickets einige Tage im Vorraus zu buchen.
Bei Fahrten im Hochgebirge von Tadjikistan sollte man sich vorher nach den aktuellen Strassenverhältnissen erkundigen. Die Sammeltaxis waren in einem sehr guten Zustand mit 4×4 Antrieb und die Fahrer verfügten über große Erfahrung. Alles hängt somit an den Witterungsbedingungen im Gebirge.
Für den innerstädtischen Verkehr mit Bus und Marshrutka empfehlen wir die App 2Gis. Diese war wirklich hilfreich um in Bischkek und Almaty die öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. So kamen wir kostengünstig von einem Ort zum Nächsten und waren nicht auf ein Taxi angewiesen.
Wetter
Das Kontinentalklima ist schon verrückt – die Sommer sind extrem heiß und die Winter eisig kalt. Jedoch erlebten wir auch wirklich schöne Tage im Dezember. Samarkand empfing uns am 3. Advent nochmal mit bis zu 20 Plusgraden. Die kältesten Tage hatten wir im Pamirgebirge, wo nachts teilweise -25 Grad Kälte waren.
Winterwunderland in Kirgistan
Telekommunikation
In Turkmenistan hatten wir überhaupt kein WLAN, dies ist nämlich in den meisten Hotels kein Standard. In den anderen Ländern war die Anbindung mit WLAN ausreichend. Jedoch sollte man im Pamirgebirge darauf achten, dass es oft nicht mal eine Funkverbindung gibt. Für Usbekistan und Tadjikistan haben wir mit Hilfe unserer einheimischen Gastgeber je eine Simkarte bekommen, welches die Kommunikation mit Hotels und CS Gastgebern vereinfachte.
Geld
Jedes Land hat seine eigene Währung. Aber bei einigen Ländern sollte man auf ein paar Besonderheiten achten.
Geldscheine in Zentralasien
In Turkmenistan zahlt man mit Manat (TMT). Entgegen den Behauptungen im LonelyPlanet gibt es auch dort einen viel günstigeren Schwarzmarktkurs. Der offizielle Kurs lag zu unserer Zeit (November 2016) bei 1 EUR = 3,6 TMT. Auf dem Schwarzmarkt bekommt man bis zu 6 TMT für einen Euro. Da wir uns unsicher waren, wie das auf dem Schwarzmarkt funktioniert, baten wir unseren Gastgeber von Couchsurfing für uns Geld zu tauschen. Die Hotelübernachtungen mussten wir hingegen immer in USD bezahlen.
Die wohl verrückteste Währung gab es in Usbekistan. Dort zahlt man mit usbekischen Sum (UZS). Das Absurde daran ist, dass der offizielle Umtauschkurs, den man auf der Bank und am Geldautomaten bekommt, gerade mal die Hälfte vom Schwarzmarktkurs beträgt. Um keinen imensen Geldverlust zu erleiden, ist man gezwungen sein komplettes Budget in Euro oder Dollar mitzuführen und vorort umzutauschen. Den aktuellen Schwarzmarktkurs erfährt man auf www.dollaruz.com. Aber aufgepasst, diese Seite ist in Usbekistan gesperrt und somit nur über einen VPN zugänglich. Im Dezember 2016 lag der Bankkurs bei 1 EUR = 3500 UZS und der Schwarzmarktkurs bei 1 EUR = 6900 UZS. Die Tendenz ist in den letzten Jahren deutlich steigend – kein gutes Zeichen für die usbekische Wirtschaft aber gut für den Touristen. Der Handel auf dem Schwarzmarkt ist offiziell illegal. Man findet die Geldwechsler meist auf den Märkten oder Busbahnhöfen. Oft wird man selbst von den Männern mit den großen Plastikbeuteln angesprochen. Man vereinbart den Umtauschkurs und verzieht sich in eine dunkle Ecke, dann beginnt das Tauschgeschäft. Wenn man der usbekischen Zähltechnik nicht mächtig ist, wird man schnell übers Ohr gehauen. Der größte gängige Schein sind nämlich gerade mal 1000 UZS. Als wir das erste Mal 100 USD eintauschten, bekamen wir 690 Scheine in dicken Bündeln zum Nachzählen. Dies war bei -10 Grad Kälte mit der Gefahr im Nacken von der Polizei erwischt zu werden gar nicht so einfach und natürlich fehlten im Nachhinein ein paar Scheine. Die meisten Hotels und Geschäfte verfügen daher über Zählautomaten. Unser Gastgeber erzählte uns darüber eine lustige Geschichte. Als sein Onkel für 5 Mio UZS ein Auto kaufte, war die ganze Familie sieben Stunden mit dem Geldzählen und Geldbündeln beschäftigt und auf der Bank dauerte dies nochmal so lange – wirklich effektiv ist dies nicht 🙂
Geldbündel mit usbekischen Sum
Die tadjikische Währung ist der Somoni (TJS) und in Kirgistan zahlt man mit kirgisischen Som (KGS). Um Som, Sum und Somoni auseinander zu halten, brauchten wir auch einige Zeit. In Kasachstan wurde es dann wieder einfach, denn hier verwendet man den Tenge (KZT). In allen drei Ländern war das Geldabheben mit Visakarte problemlos.
Sprache
Gewürzstand auf dem Markt in Kirgistan
Aufgrund ihrer gemeinsamen Vergangeheit mit der Zugehörigkeit zur Sowjetunion ist die russische Sprache in allen Ländern weit verbreitet. Man hat zumindest klare Vorteile, wenn man ein paar Brocken Russisch spricht oder zumindest die kyrillischen Buchstaben lesen kann. Jedoch sollte man nicht vergessen, dass alle eigenständige Länder sind mit einer eigenen Sprache. Bei den Sprachen Turkmenisch, Usbekisch, Kirgisisch und Kasachisch handelt es sich nämlich um Turksprachen. Wer der türkischen Sprache mächtig ist, kann sich gut in diesen Ländern verständigen. Tadschikisch hingegen ist eine persische Sprache mit kyrillischen Buchstaben geschrieben.
Speisekarte in Kirgistan
Auf Jemanden zu treffen, der Englisch oder sogar Deutsch spricht ist schwierig. Ein älterer Herr in Tadjikistan, der noch in der Armee gedient hatten, erklärte uns, dass er noch ganze fünf Wörter auf Deutsch kenne und zwar “Arbeiten, Verstehen, Hände hoch, Hitler, kaputt”. Naja, damit ließ sich keine Kommunikation aufbauen. Einem Taxifahrer in Usbekistan erklärte Matthias, dass er zwar vier Jahre Russischuntericht in der Schule hatte, aber das meiste vergessen habe. Daraufhin erzählte er uns, dass auch er mal Deutsch in der Schule gelernt habe, aber nur ein Satz hängen geblieben ist. Dieser lautete “Ich habe heute Klassendienst”.
Sicherheit
Oft wurden wir gefragt, ob es nicht gefährlich war direkt an der Grenze zu Afgahnistan entlang zu fahren. Der Wakhan-Korridor gilt als relativ sicher und hier kann man sogar problemlos innerhalb weniger Minuten ein Visum für Afgahnistan bekommen. Wir haben uns nie unsicher gefühlt. Die meiste Angst hatten wir im Vorfeld vor den Grenzbeamten, denen ein korrupter Ruf vorraus eilt. Aber auch in dieser Hinsicht hatten wir Glück und bis auf unsere Deportationsgeschichte in Turkmenistan keine schlimmen Erfahrungen gemacht. Auf dem Osh-Basar in Bischkek sind oft Trickbetrüger unterwegs. Diese verkleiden sich als Polizisten und führen dann Personenkontrollen durch, wobei sie die Geldbörse mitgehen lassen. Unseren australischen Mitbewohner im Hostel hat es an einem Tag gleich zwei Mal erwischt.
Fazit
Wir können die zentralasiatischen Länder als Reiseland nur empfehlen. Wenn man einmal die bürokratischen Hürden (Visa, Hotelregistrierungen, Geldtausch, …) genommen hat, trifft man hier auf große Gastfreundschaft und atemberaubende Natur jenseits der Touristenströme. Wirklich gute Informationen zu allen Stan-Ländern findet man auf der Homepage von www.caravanistan.com.