Im Ferghana-Tal

Usbekistan Dez 09, 2016 No Comments
Seidenkokons

Nach einem kurzen Zwischstopp in der Hauptstadt Taschkent, wo es leider nur geregnet hatte, verbrachten wir noch ein paar Tage im Ferghana-Tal. Die Anreise erfolgte diesmal mit dem Zug, wo wir trotz Schnee, die beeindruckende Landschaft bestaunen konnten.

Das Ferghana-Tal liegt im äußersten Osten von Usbekistan. Diese Senke ist dicht besiedelt und neben vielen Bodenschätzen wird hier mit Hilfe von Bewässerung auch Baumwolle, Obst und Wein produziert. Zudem gibt es in dieser Gegend jede menge Maulbeerbäume, welche essentiell für die Herstellung von Seide sind. In der Stadt Margilon hatten wir die Gelegenheit eine Seidenfabrik zu besuchen, wo der Herstellungsprozess noch wie früher beibehalten wird.

Ansonsten war dieses Tal für uns eine Durchgangsstion, weil wir gelesen haben, dass der Grenzübergang nach Tadjikistan hier eher entspannt sein soll. Und diese Tatsache ist in Zentralasien, wo der ein oder andere Beamte sich gern einen kleinen Obolus dazu verdient, ein großer Vorteil.

Außerdem verbrachten wir fast drei Tage damit heraus zufinden, wie man am Besten ein Paket nach Deutschland verschickt und möchten euch davon berichten.

 

Seidenfabrik in Margilon

Seidenfabrik Yordgorlik in Fergana Seidenfabrik Yordgorlik in Ferghana

Die Firma Yodgorlik ist ein Kombinat in dem heute ca. 200 Mitarbeiter beschäftigt sind. Es ist also ein Zusammenschluss von produktionsmäßig eng zusammenarbeitenden Betrieben, die in diesem Fall die einzelnen Verarbeitungsschritte der Seidenproduktion umfassen.

Wie eingangs erwähnt bilden die Maulbeerbäume die Grundlage der Seide. Deren Blätter sind die Nahrung für die Seidenraupe. Im Frühjahr füttern deshalb fast alle Bewohner im Tal die Raupen damit und bringen sie anschließend im Kokon zur Fabrik. So verdient die ganze Region mit. Dort werden die Raupen getötet – meist per heißem Dampf oder sie werden ausgekocht.

Danach wird ein spinnwebenfeiner Faden vom Kokon gelöst und auf einen Rahmen aufgewickelt werden. Bei diesem manuell aufwendigen Prozess kann man verstehen, wieso Seide so teuer ist. Einmal aufgewickelt erfolgen mehrere Waschgänge. Denn die Seide ist nach einmal Waschen noch nicht so glänzend und fein, wie man es von den fertigen Stoffen kennt.

Als nächstes werden die Muster für den späteren Seidenstoff definiert. Hierzu existieren viele traditionelle Vorlagen, welche durch Abkleben entsprechender Stränge vorbereitet werden. Dadurch nimmt beim späteren Färben nur der nicht abgeklebte Teil des Materials die Farbe an.

Sind die Seidenstränge abgeklebt, werden sie an die Färberei weitergereicht. Dort wird der Stoff in verschiedene Farbmischungen getaucht. Diese werden aus unterschiedlichen Naturmaterialien, wie Pflanzen oder Mineralien gewonnen.

Das eigentliche Weben der Stoffe ist der letzte Schritt und wird teils manuell, teils automatisch gemacht. Vor allem das aufwendig Knüpfen per Hand kann hier mehrere Monate in Anspruch nehmen.

Nach dem Rundgang hat man noch die Möglichkeit im fabrikeigenen Laden die Produkte zu erwerben. Eine Führung durch die Fabrik kostete uns 10.000 UZS pro Person (ca. 1,40 EUR) und war wirklich empfehlenswert.

 

Das Paket – oder auch “Die Post, die Verrückte macht”

Nachdem wir in den letzten Tagen einige Weihnachtsgeschenke besorgt hatten, mussten diese nun noch irgendwie Deutschland erreichen. Dieses Vorhaben sollte sich schwieriger gestalten, als vermutet und ist deshalb eine kleine Anekdote wert. Der ganze Ablauf erinnerte mich an den Asterix-Zeichentrickfilm “Asterix erobert Rom”, in dem er den berühmten “Passierschein A 38” besorgen muss.

Zuerst einmal brauchten wir einen Paketkarton, den es natürlich nicht in der Post zu kaufen gab. Nach längerem Suchen wurden wir auf dem Marktplatz fündig und “erbettelten” uns einen leeren Karton. Als Verpackungsmaterial für unser Porzellan erwarben wir noch Putzlappen im Laden. Nachdem wir alles schön verpackt hatten, starteten wir in Taschkent den ersten Versuch, das Paket los zu schicken. In strömenden Regen liefen wir durch die Hauptstadt und wunderten uns, warum alle Postfilialen geschlossen waren. Jemand hätten uns ja auch sagen können, dass heute ein muslimischer Feiertag war. Der geneigte Leser fragt sich jetzt sicher, wieso läuft man denn von einer zur nächsten Post, wenn eine geschlossen hat, dann doch sicher alle. Weit gefehlt! Denn hier ist es nicht wie bei uns, dass an einem Feiertag alles geschlossen hat. Zudem gibt es nicht nur eine sonderen mehrere kleinere Postbüros. Ein Spediteur hatte dann doch geöffnet. Bei einem Angebot von 120 USD (was den Warenwert bei weitem überstieg) fehlten uns die Worte.  Also, mussten wir leider das schwere Ding weiter mitschleppen, denn per Zug sollte es am nächsten Morgen nach Margilon gehen.

In Margilon steuerten wir als erstes zielstrebig die Post an. Die dortigen Damen waren auch sehr nett und verstanden unser Anliegen. Es gab jedoch ein Problem. Mit unseren rudimentären Russischkenntnissen und per “Hand und Fuß” verstanden wir, dass gerade Stromausfall war und wir daher später (in ca. 45 Minuten) wieder kommen sollten. Sie boten uns noch an das Paket und die Rucksäcke da zu lassen, während wir die Zeit nutzten die Seidenfabrik zu besuchen. Zurück in der Post, gab es wieder Strom und wir waren schon voller Vorfreude jetzt endlich das schwere Paket zu verschicken. Die Damen schauten jedoch etwas hilflos drein und riefen Jemanden an, der gut Englisch sprach.  Dieser erklärte uns, nach längerem Hin und Her mit den Postmitarbeitern, dass sie das Paket doch nicht annehmen können, weil sie wohl nicht wussten, wie man das Formular für Auslandspakete ausfüllt. Sie gaben uns noch den Tipp lieber zur Hauptpost nach Ferghana zu fahren. Wieso und vor allem warum ihnen das jetzt erst einfiel, blieb mir ein Rätsel. “WUSA!!!”*

*Wusa! ist ein Ausdruck aus dem Film Bad Boys 2. Man soll erst tief ein- und ausatmen, bevor man emotional und unüberlegt handelt.

Aller guten Dinge sind drei und deshalb versuchten wir am nächsten Tag auf der Post in Ferghana unser Glück. Erst interessierte sich keiner für uns, was wir mal auf die “Überlastung” der Mitarbeiter schoben. Nachdem wir ein bisschen vor dem Schalter “rumgekaspert” hatten, stand eine ältere Dame neben uns. Die schick gekleidete Frau schien Mitleid zu haben und verstand sofort, was wir wollten. Daraufhin pfiff sie die Postangestellten zusammen, dass sie uns gefälligst bedienen sollen und das wir kein Russisch sprechen. Mit uns kommunizierte sie mittels Pantomime, was wirklich sagenhaft lustig war! Bei der Frage, ob das Paket per Land oder Luft verschickt werden soll, machte sie eine Dampflok mit “Tut Tut”. Sie will ich immer in meinem Activity-Team haben:-)

Die Schoko-Bonbons wurden uns leider entwendet, denn um Lebensmittel zu verschicken, hätte man irgendein Zollformular gebraucht. Wieso auch immer – “stur lächeln und winken” – Hauptsache das Ding wird verschickt. Zu guter Letzt musste das Paket noch in einen Stoffsack eingenäht werden (Stoff gab es zum Glück auf der Post), welches eine Mitarbeieterin für uns übernahm. Nachdem die Adresse auf das Paket geschrieben war, wurden die Enden noch mit mehreren Wachsstempeln und dem Postsiegel versehen. Wir hatten es tatsächlich geschafft! Als wir auf die Uhr schauten, war es schon Mittag und wir hatten insgesamt zwei Stunden in der Postfiliale verbracht.

Nach gerade mal 1,5 Monaten erreichte uns die Nachricht von Daheim, dass ein Päckchen aus Usbekistan beim Zoll abzuholen sei. Wir hatten vorsorglich noch eine fiktive Preisliste beigelegt. So kannten die Beamten gleich den Wert des Inhalts und es musste kein Zoll mehr bezahlt werden.

Nach Ferghana verbrachten wir noch eine Nacht in Kokand, bevor es über die Grenze nach Tadjikistan ging. Den Bericht dazu gibt es hier.

Matthias

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