Der Pamir war eines der größten Abenteuer auf unserer bisherigen Reise. Das Hochgebirge in Zentralasien wird von seinen Bewohnern auch das “Dach der Welt” genannt. Dabei ist der Pamir-Highway (M41), die zweithöchste Fernstraße der Welt. Der Begriff Highway ist jedoch etwas irreführend. Es handelt sich vielmehr um eine Schotterpiste, die den Witterungsbedingungen im Hochgebirge ausgesetzt ist. Die Strecke führt von der tadjikischen Hauptstadt Duschanbe nach Süden, von dort über den Wakhan-Korridor immer entlang der afgahnischen Grenze mitten ins Pamir-Gebirge, von wo man einen fantastischen Ausblick auf den Hindukusch hat. Schließlich geht die Straße über einen weiteren Gebirgspass nach Kirgistan und über das Alai-Gebirge bis in die Stadt Osh.
Marco Polo schrieb bereits über diese Gegend.
Zwölf Tage reitet man über die Pamir-Ebene. Während dieser Zeit findet man weder Wohnstätten noch Unterkunft, daher muss man für den Mundvorrat selber sorgen. In solcher Höhe und Kälte horsten keine Vögel. Auf etwas Besonderes möchte ich euch hinweisen. In der eisigen Höhenluft brennt das Feuer nicht so hell und rot, wie andernorts, und die Speisen garen nicht richtig.
Gott sei Dank, gibt es heutzutage doch ein paar Wohnstätten, aber eine Reise in das Hochgebirge bedarf natürlich einiger Vorbereitung. Der Winter ist nicht die klassische Reisezeit für den Pamir. Im Internet findet man kaum Informationen zu einer Exkursion in dieser Zeit und auch die einschlägigen Reiseführer raten einem eher davon ab. In Duschanbe versuchten wir verzweifelt eine Touristeninformation oder ein Reisebüro zu finden, aber diese zogen es vor im Winter ganz zu schließen. Deswegen war unser Plan, erstmal nach Khorog kommen und von dort alles Weitere zu organisieren.
Unseren Reisebericht in den Pamir und Wakhan-Korridor haben wir aufgrund der Fülle in drei Teile aufgeteilt.
Duschanbe – Khorog
Schon einen Tag vorher, gingen wir an die Sammelstelle für die Taxis nach Khorog. Schnell fanden wir einen Fahrer, musterten sein Auto und klärten den Preis und die morgige Abfahrtszeit. Um auch ja keine sprachlichen Mißverständnisse aufkommen zu lassen, gingen wir am Nachmittag nochmal mit unserem tadjikischen Gastgeber dort hin. Der Fahrer erklärte uns, dass es morgen um 7 Uhr los geht und er schon vier weitere Mitfahrer hätte.
Sammeltaxis nach Khorog
Am nächsten Tag liefen wir also früh morgens zur Abfahrtsstelle und als wir dort ankamen, war von unserem Fahrer weit und breit nichts zu sehen. Nach einem Telefonat, erschien er gegen 8 Uhr am Sammelpunkt. Das fing ja gut an, dachten wir uns. Unsere Rücksäcke wurden oben auf dem Dach verladen und unser Fahrer überredete uns ständig einen Kaffee trinken zu gehen. Währendessen suchte er nach weiteren Mitfahrern. Lange Rede kurzer Sinn, aus der Abfahrtszeit von 7 Uhr wurde natürlich nichts. Letztendlich sind wir erst 12:30 Uhr los gefahren. Unsere Nerven lagen blank und mehrmals wollten wir die Sache abbrechen, da ja noch eine Fahrzeit von mindestens 14-16 Stunden vor uns lag und wir dann erst mitten in der Nacht ankommen würden.
Unsere Mitreisenden erinnerten eher an eine Seniorenfahrt. Ein älterer Herr hatte schlimme Arthrose und eine Dame konnte so schlecht laufen, dass sie von den starken Männer ins Auto rein und wieder heraus getragen werden musste. Und weil wir nicht genügend Insassen waren, wurde das Fahrzeug bis oben hin mit Gepäck vollgeladen.
Straße von Duschanbe nach Khorog
Von der schönen Aussicht auf die Berge hatten wir leider nicht viel, weil es gegen 17 Uhr schon dunkel wurde. Immer wieder kamen uns auf der schmalen Straße riesige Lastwagen entgegen und es wurde manchmal richtig eng. Irgendwann sagte unser Fahrer “Und da drüben ist Afgahnistan”. Bei diesem Wort waren wir wieder hell wach. Nur ein Fluss trennte uns nun von dem Land, von dem in den letzten Jahren soviel berichtet wurde. Alle Grenzkontrollen konnten wir ohne Probleme passieren und unsere Pässe und die GBAO Permit wurden auch nie kontrolliert. Es ist schon praktisch, wenn man einen einheimischen Fahrer mit Beziehungen hat.
Plötzlich hielten wir mitten auf der Straße an. Am Fahrbahnrand lag eine Ladung mit Getriebeteilen, welche von einem Lastwagen herunter gefallen sein mussten. Da unser Fahrer sehr geschäftstüchtig war, sammelte er diese ein, um sie anschließend weiter zuverkaufen. Gegen 4 Uhr morgens waren wir endlich in Khorog. Unserer Fahrer war jetzt schon über 20 Stunden wach und trotz der Ärgernisse mit der Abfahrtszeit ist er sehr gut gefahren. In der Pamir Lodge mussten wir leider unsere Gastgeberin wecken. Da wir unsere verspäte Anreise vorher angekündigt hatten, waren sie so lieb und hatten schon das Zimmer vorgeheizt. Die schlechte Nachricht war, dass es kein fließendes Wasser gab, weil die Rohre eingefroren waren. Dieses Phänomen traf für die gesamte Pamirregion zu.
Khorog
Panorama von Khorog
Khorog oder auch Chorugh geschrieben ist die Hauptstadt der autonomen Provinz Gorno-Badachschan. Sie liegt auf über 2000m Höhe und ringsherum ragen die über 4000m hohen Gipfel des Pamirgebirges.
Um unsere Weiterreise in den Pamir und den Wakhan-Korridor zu organisieren, steuerten wir zielstrebig die Kulturtourismusbehörde PECTA (Pamir Eco Cultural Tourism Association) an. Trotz, dass es Sonntag war, hatten sie geöffnet und wir wurden sehr freundlich von den jungen Mitarbeitern begrüßt. Innerhalb kurzer Zeit organisierte sie einen Fahrer für uns und gaben uns sehr gute Tipps zu Übernachtungen und Ausflugsmöglichkeiten. Das war mal ein wirklich toller Service. Gerne hätten wir die Fahrtkosten mit anderen Reisenden geteilt, aber in den letzten 2 Wochen hätten sich keine Touristen mehr hierher verirrt. Laut Straßenbericht waren alle Strecken frei und das Wetter meinte es gut mit uns, sodass es übermorgen losgehen sollte.
Auf der Suche nach einem Restaurant (am Sonntag hatten alle Lokale geschlossen) führte unser Weg zum noblen Serena Inn Hotel. Dabei liefen wir an dem wirklich kleinen Flughafen von Khorog vorbei. In unregelmäßigen Abständen und nur bei guter Sicht gibt es nämlich einen Direktflug nach Duschanbe und umgekehrt. Im Serena Hotel genossen wir nicht nur den besten Kaffee seit langem, sondern vorallem die beeindruckende Sicht auf Afgahnistan. Hier oben findet auch ein wöchentlicher Grenzmarkt statt, wo Afgahnen auf der tadschikischen Seite ihre Waren verkaufen können.
Tadschikisch ist übrigens eine alte persische Sprache und zählt zur Gruppe der iranischen Sprachen. Tadjiken und Afgahnen können sich ohne Probleme miteinander verständigen. Der einzige Unterschied ist, dass die Tadjiken die kyrillische Schrift statt des persischen Alphabets verwenden. Diese Umstellung erfolgte zur Zeiten der Sowjetunion.
Wir gönnten uns noch einen Tag Erholung, denn bei Matthias kündigte sich ein gefährlicher Männerschnupfen an :-), außerdem mussten wir noch Reiseproviant einkaufen und uns an die Höhe akklimatisieren.
Wenn ihr wissen wollt, wie die Reise weiter ging, dann kommt ihr hier zum Bericht “Mit Sack und Pack durch den Pamir (2)“.